Ist Entschuldigung wirklich Höflichkeit?
von Brigitte Beermann
veröffentlicht: Oktober 3, 2018

Gefühle lernen sprechen

Entschuldigung,
Entschuldigen sie mich bitte mal kurz, ich muss mal aufs Klo,
Entschuldigen Sie bitte, ich hab es eilig,
Entschuldigung, aber ich war vor Ihnen dran,
Entschuldigung, ich bin zu spät,
Entschuldigung, ich bin krank
Entschuldigung, dass ich geboren bin
Entschuldigung, dass ich so spät noch anrufe, aber ich bin in Nöten

Diese Sätze, die wie selbstverständlich in unseren Sprachgebrauch gehören und auch schon unseren Kindern beigebracht werden, finde ich merkwürdig.

Seitdem ich mich immer mehr mit der Kraft und Energie der Sprache beschäftige, frage ich mich, was gibt es zu ent-schuldigen?

Ent-schuldigen, also die Schuld möge genommen werden?
Durch wen oder was, wenn der Mensch z.B. ein dringendes Bedürfnis hat?

Wenn mir im Supermarkt jemand mit dem Einkaufswagen in die Hacken fährt, tönt es laut: "Oh Entschuldigung." Ich beiße die Zähne zusammen, weil der Schmerz mir durch alle Poren pfeift und murmele: "Ist schon OK." Der Typ hat sich ja entschuldigt, er hat es nicht mit Absicht getan, also womit dann bitte, wenn er es nicht mit Absicht tat?  Hat seine Konzentration ausgesetzt? Hat er sich dadurch schuldig gemacht?

Welche Schuld trägt ein Kind im Kindergarten, das soeben die Sandschaufel einem anderen Kind weggenommen hat und nun aufgefordert wird, sich bei seinem Sandkastenkumpel zu entschuldigen?

Wie auch immer, sich der Schuld zu entledigen gehört nun mal zum Sozialverhalten.
So fühlen wir Menschen uns wohl täglich irgendwie schuldig und tragen daran oft schwer. Einige finden ihren Frieden im Gebet: "... und vergib uns unsere Schuld" oder gehen in den Beichtstuhl. Irgendwie muss doch dieses Gespenst Schuld abzuschütteln sein.

Was könnten wir statt dessen sagen, wenn uns ein Missgeschick ereilt?

Mir gefällt: "ich bitte um Nachsicht" ganz gut.

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Foto: Kranawetter